Unter dem Motto "Verwaltung digital - Mensch macht's!" fand der 11. Fachkongress des IT-Planungsrats statt. Mitglied Stadt Augsburg war zum Vortrag eingeladen.

Petra Eberhard von der Stadt Augsburg und Rudolf Philipeit von buergerservice.org präsentierten neue Gedanken zum E-Government.

31.03.2023

Foto: buergerservice.org

Halle (Saale) am 29. und 30. März 2023: in der Georg-Friedrich-Händel-Halle, einer der größten und modernsten Konzert- und Tagungsstätten in Mitteldeutschland, konnten die wichtigsten und innovativsten Fragen zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland diskutiert und weitergedacht werden.

Die angebotenen Panels widmeten sich den Schwerpunktthemen:

  • “Mensch macht's” - Mitarbeitende im Fokus
  • “Krisen als Chance” - Verwaltung in der Dauerkrise
  • “Da Sein” - Digitale kommunale Daseinsvorsorge
  • “Sind wir jetzt schon da?” - Digitale Verwaltung durch das OZG
Foto: buergerservice.org

Frau Petra Eberhard (Digitalisierungsbeauftragte im Bürgeramt der Stadt Augsburg) und Rudolf Philipeit (Vorstandsvorsitzender im Verein buergerservice.org) waren zu einem Vortrag im dritten Panel, “Da Sein” - Digitale kommunale Daseinsvorsorge, eingeladen. In der Präsentation wurde der Augsburger Weg für eine bessere digitale kommunale Daseinsvorsorge dargestellt. Der Titel macht den Augsburger Weg deutlich: ”Bürgerservice neu gedacht - vom passiven zum aktiven E-Government”.

Im Vortrag wurden verschiedene Gedanken und Aspekte aufgezeigt und mit dem Publikum erörtert.

Erster Gedanke: Voraussetzungen für Sicherheit im Staat.

Das Rechtswesen sorgt für Sicherheit im Staat. Natürliche oder juristische Personen haben eine vom Staat ausgegebene “analoge” Identität und können so bei Fehlverhalten für ihr Handeln zivil-, strafrechtlich usw. belangt werden! Dieses Belangen kann nur in der analogen Welt stattfinden (Geldstrafe, Gefängnisstrafe, Führerscheinentzug usw.).

Die Sicherheit im Staat gilt selbstverständlich auch in der digitalen Welt. Das Internet hat jedoch per se keine Sicherheit. Das Recht der analogen Welt gilt zwar in der digitalen Welt gleichwertig, die einfache Möglichkeit der Erstellung von gefälschten Nutzer-Accounts/E-Mail-Konten oder gefälschten Web-Seiten (Fake) verhindert jedoch die Durchsetzung von Rechtsansprüchen. Das globale Internet ist ohne einen Vertrauensanker in der analogen Welt nicht in der Lage, eine sichere digitale Identität herzustellen.

Foto: buergerservice.org

Ein Staat hingegen verwaltet seine Einwohner, damit das Rechtswesen handlungsfähig ist. Der Deutsche Staat hat mit der Online-Ausweisfunktion des Deutschen Personalausweises (eID) die analoge Identität seiner Bürgerinnen und Bürger auch für die digitale Welt auf einem direkten Weg verfügbar gemacht. Die eID überträgt Sicherheit spontan und umfassend in die digitale Welt und ist so der zuvor genannte Vertrauensanker. In Deutschland haben fast 70 Mio. Menschen den Personalausweis mit eID, oder im Falle der Ausländer eine Karte mit gleichwertiger Online-Ausweisfunktion (elektronischer Aufenthaltstitel/EAT oder eID-Karte für EU-Bürger), ständig bei sich. Deutschland verlängert damit technologisch, organisatorisch und prozessual das Rechtswesen der analogen in die digitale Welt und hat so die Voraussetzungen für sichere Dienste im unsicheren Internet geschaffen. Rudolf Philipeit bringt es an dieser Stelle mit einem Statement auf den Punkt: “nur eine echte analoge Identität ist eine gute digitale Identität”.

Zweiter Gedanke: Umsetzung der Sicherheit durch Verwaltung.

Egal für welchen Amtsbesuch man sich durch einen Blick auf die Webseite einer Kommune vorbereitet. In den meisten der mehreren tausend Vorgangsvarianten wird darauf hingewiesen, dass man seinen Personalausweis oder Reisepass mitzubringen hat. Für nahezu jeden wertigen Verwaltungsvorgang in der bekannten analogen Form muss die Identität der betroffenen Personen durch die Sachbearbeitung festgestellt werden. Die Digitalisierung derartiger Verwaltungsvorgänge bedeutet, dass sich die betroffenen Personen selbstverständlich auch bei der Online-Version des Verwaltungsvorgangs ausweisen müssen.

Dritter Gedanke: die eID ist die Lösung, nur kennt das niemand.

In Deutschland kann man seine analoge Identität in der digitalen Welt mit zu vielen Varianten nachweisen:

  • PostIdent, VideoIdent, Selfie-Ident, ...
  • Elster-Zertifikat, Authega-Zertifikat
  • Mit einem Identitätsprovider (z.B. Verimi)
  • Mit dem vorhandene Homebanking-Account (z.B. YES)
  • Mit einem OZG-Nutzerkonto (Land oder Bund)
  • Online-Ausweisen mit dem Personalausweis(eID)
Foto: BMI

Nur die eID erlaubt aufgrund der rechtlichen, organisatorischen, prozessualen und technischen Gesamtarchitektur das Vertrauensniveau hoch. Sie ist deshalb uneingeschränkt für nahezu jeden digitalen Bürgerservice einsetzbar. Jedoch fehlt hierzu jegliche vertriebliche Aktivität. Die Alternativen haben nur das Vertrauensniveau substanziell, leiden an “Artenreichtum” (OZG-Nutzerkonten) und/oder haben Geschäftsmodelle mit Vertriebs- und Marketingpower. So “verzetteln” wir uns. Ein konsequenter Marktangang “eID first” kann das Verzetteln auflösen.

Bürgerservice neu gedacht - vom passiven zum aktiven E-Government: Bürger*innen im richtigen Moment an E-Government heranführen.

Passives E-Government:

  • E-Government-Angebote werden auf die Homepage der Kommune gestellt und man wartet ab
  • Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger zu den E-Government-Angeboten gibt es nicht
  • Telefax-Nummern stehen ganz selbstverständlich in der E-Mail-Signatur der Sachbearbeiter

Bürgerinnen und Bürger werden alleine gelassen. Die Fachwelt ist der Meinung: wer bei Amazon einkaufen kann, muss auch ein Führungszeugnis online beantragen können. Kann er das nicht, ist die E-Government-Anwendung nicht “gut genug”.

Aktives E-Government:

  • Mögliche Multiplikatoren zur eID und den E-Government-Angeboten in Workshops aufklären und die Win-Win-Effekte aufzeigen
  • Bürgerterminals als Brückentechnologie im Bürgeramt und bei den Multiplikatoren zum Einsatz bringen
  • Anstelle Telefax-Nummern digitale Kommunikationsmittel in der E-Mail-Signatur der Sachbearbeiter benennen
  • Ansprechpartner zu den E-Government-Diensten offensiv anbieten

Bürgerinnen und Bürger werden zu E-Government abgeholt und mitgenommen. Wichtig dabei: bei Amazon kann ich unverbindlich unkritische Dinge einkaufen und bei Nichtgefallen zurücksenden. Bei E-Government müssen die Instrumente zur Verbindlichkeit, konkret das Online-Ausweisen (eID), erst erlernt werden. Der Nutzer ist noch nicht “gut genug”.

Der Augsburger Weg zum aktiven E-Government im Einzelnen

Mögliche Multiplikatoren zur eID und den E-Government-Angeboten in Workshops aufklären. Win-Win-Effekte aufzeigen für ...

  • Mitarbeiter*innen in der eigenen Behörde
  • Autohäuser beim Thema iKfz
  • Hochschulen und Universitäten in den Themenfeldern An-, Ab-und Ummeldungen des Wohnsitzes und Führungszeugnis online beantragen
  • Fahrschulen bzgl. der Möglichkeit die Punkte in Flensburg online abzufragen
  • Unternehmen, Schulen und Vereine zum Angebot, das Führungszeugnis online zu beantragen
  • Schulen, wenn die eID in die Lehre aufgenommen wird.

Die genannten Multiplikatoren erkennen in diesen Diensteangeboten einen Mehrwert für sich als Institution/Unternehmen, für das eigene Personal und für die Kundschaft.

Bürgerterminals als Brückentechnologie im Bürgeramt/Infopoint und bei den Multiplikatoren zum Einsatz bringen.

  • Bürgerinnen und Bürger am Bürgerterminal zur eID und zu den E-Government-Diensten aufklären
  • Die E-Government-Dienste im passenden Moment mit geringsten Hürden anbieten
  • Eine Alternative anbieten, wenn das eigene Endgerät des Bürgers oder der Bürgerin nicht geeignet ist
  • Vorgehensmodelle wie z.B. OZG2Go anbieten (mit dem neuen Personalausweis direkt ein Servicekonto registrieren)

Grundsätzlich soll das Prinzip wiederholt werden, welches bei den Fluggesellschaften dazu geführt hat, dass man heute wie selbstverständlich mit seinem Smartphone für einen Flug eincheckt. Auch hier wurden zu Beginn betreute Serviceterminals in den Abfertigungshallen zum Einsatz gebracht, um die Fluggäste an einen Self-Check-in heranzuführen.

In Augsburg werden im ersten Schritt drei Bürgerterminals aufgestellt ...

  • eines zentral an der Bürgerinfo direkt am Rathausplatz.

  • eines an der Technischen Hochschule Augsburg.
  • eines an der Universität Augsburg.

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